Die längste Zeit sah ich meinen Erfolg – im Großen wie im Kleinen – nicht so sehr als meinen Verdienst an sondern eher als eine Entwicklung und Zusammenkunft von Zufällen.
Ja, klar, ich hatte was dafür getan. Doch, dass ich jeweils dort gelandet war, wo ich mich zu dem Zeitpunkt befand, war dann oft nicht mein Verdienst sondern eben ein Zufallsprodukt. Gleichzeitig war ich es, der für den eigenen Misserfolg zuständig war, da ich es unterlassen habe etwas zu tun. So redete ich mir das ein. Schräge Welt.
Erst mit der Zeit begann ich zu verstehen, dass ich selbst aktiv an meinem Lebensplan tätig werden kann. Es brauchte dann zwar noch immer die Zufälle um den einen oder anderen entscheidenden Schritt zu schaffen. Doch die ließen sich mit positiver Einstellung und viel Arbeit auch begünstigen.
Zufälle über Zufälle für Beatrice Jaschke
Dass Beatrice Jaschke alles dem Zufall zu verdanken hat wäre mehr als übertrieben zu sagen. Und doch war es die Fügung glücklicher Umstände, die sie bis dorthin gebracht hat, wo sie heute steht. Die freundliche Kunsthistorikerin wirkt erfahren und sprüht vor jugendlichem Tatendrang zugleich. Man sieht ihr an, dass sie Spaß an der Arbeit hat.
Nach der Schule verbrachte sie eine Zeit lang in Italien, war Au Pair und hat dort ihre Liebe zur Kunst entdeckt. Ans Studieren dachte sie damals nicht. Sie dachte, sie wird eher was im Tourismus/Hotel-Bereich und machte eine Reiseführer-Ausbildung.
Zurück in Wien begann sie Kunstgeschichte zu studieren und sagte irgendwann Ja zu einer Party im damals noch neuen Ausstellungslehrgang der Uni Wien, der im noch nicht umgebauten Museumsquartier stattfand. Von dem gesamten Ambiente und der Ausstellungsidee war sie dann so begeistert, dass sie unbedingt dort arbeiten wollte. Sie bewarb sich und wurde Studienassistentin.
„Da bin ich ganz schnell in etwas großes hinein gewachsen. Da wurde mein eigenes Studium plötzlich ganz unwichtig.“ sagt sie zu mir und ich erinnere mich plötzlich an meine eigene Studienzeit in der die Arbeit ebenfalls ganz schnell an den ersten Platz gerückt war, was meine Studienzeit dezent verlängerte.
Ihre restliche Geschichte fühlt sich für mich im Nachhinein wie ein Zeitraffer an. Denn zwischen der Auflösung des Instituts im Jahr 2000 und ihrer heutigen Tätigkeit als ist Co-Leiterin des /ecm-Masterlehrgangs für Ausstellungstheorie und -praxis an der Universität für angewandte Kunst Wien und als selbständige Kunst- und Kulturvermittlerin liegen intensive Jahre mit Zwischenstationen im Stift Klosterneuburg, Dommuseum oder auch im Leopold Museum.
„Ich glaube, dass wenn man einen Weg vor sich hat, man auch einen Weg dorthin findet. Ich wusste zwar nicht dass ins Leopold Museum will, aber der Weg hat sich mir dann einfach ergeben“, sagt Beatrice Jaschke heute. Und ich finde es superspannend, denn es war ihr erster Beruf als Fremdenführerin, die ihr dafür den Weg geebnet hat. Zufall? Ja. Aber einer, den sie sich über die Jahre hinweg erarbeitet hat.
Schwierige Zeiten fürs Positive nutzen
Die arbeitsreiche Zeit war auch für Beatrice Jaschke nicht immer ganz friktionsfrei. Zu sehen, wieviele Konflikte es in der vermeintlich heilen Kunstwelt eigentlich gibt, nagte an ihr. Auch der Konflikt zwischen dem vermeintlichen Idealbild der Kunstvermittlung und der harten Business-Realität der Kunstwelt brauchte Zeit bevor er in etwas Positives umgewandelt werden konnte.
„Davor war ich gar nicht in der Lage diese Möglichkeit zu sehen. Ich sah nur das Trennende. Ich musste lernen, Leute nicht mehr so schnell zu beurteilen, musste lernen hinter die Kulissen zu schauen. Wenn man sich in die Lage des anderen hinein versetzt hilft das tatsächlich bei der Lösung von Problemen. Man muss sich vorstellen, der andere kann ja auch nur schwer aus seiner Haut. Weil, der hat ja auch etwas was er umsetzen muss. Und wenn man sich da hinein versetzt, dann versteht man leichter, warum er so agiert wie er das tut.“
Für Beatrice Jaschke ergab sich dadurch dann letztlich auch der Schritt in die Selbständigkeit. Und wenn sie darüber spricht, dann strahlt sie richtig: „Wenn etwas Spaß mach, dann ist es richtig. Wenn etwas mühsam ist, dann ist es nicht richtig. Das merke ich immer wieder. Und mit der Zeit merke ich, dass ich immer mehr dorthin tendiere, wo es Spaß macht. Und wenn ich irgendwo drinnen stecke, wo es gerade nicht rennt, dann muss ich dafür sorgen, dass es wieder Spaß macht. Es darf nicht der Gedanke passieren… „Nicht schon wieder…“. Das bedeutet nicht, dass immer alles heiter und lustig sein muss. Es muss aber eine positive Grundstimmung da sein.“
Öfter mal JA sagen!
Immer wieder merke ich, wie mein Misstrauen anderen Menschen und anderen Ideen gegenüber wächst. Und dann muss ich mich wieder daran erinnern, dass meine Sichtweise nicht unbedingt die einzig richtige sein kann. Und dann versuche ich mich dazu zu bringen öfter mal JA zu sagen, statt einem NEIN. Und öfter mal den selbst eingetretenen Pfad zu verlassen, Neues auszuprobieren, neue Menschen kennenzulernen und die eignen Standpunkte zu hinterfragen.
Und ganz oft ergibt sich daraus etwas Positives. Ganz oft ergeben sich Verbindungen, die ich zuvor nicht gesehen hatte und Ideen, die mit all der Erfahrung der vergangenen Jahre ganz plötzlich Sinn machen. Und wenn ich daran denke, wie Beatrice Jaschke ihre Berufung gefunden hat, so denke ich, dass wir alle öfter mal Ja zu einer Party sagen sollten.
— ENDE —
Beatrice Jaschke ist nun Teil der #WORKINGPEOPLE Fotoserie.