Wenn du etwas ändern könntest an deinem Leben, frage ich den etwas in sich versunkenen Musiker vor mir, was wäre das? „Nix. Ich bin vollends zufrieden“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. „Es gibt nix, das mir abgeht. Ich bin voll autark. Tolle Frau. Tolle Familie. Ich brauch nix.“
Vor mir sitzt Harri Stojka, Gitarren-Virtuose, 61 Jahre, Schlabber-Haube auf dem Kopf, Shirt mit buntem Tarnmuster, alte Adidas-Treter auf den Füßen. Wir sind für mein #WORKINGPEOPLE Fotoshooting verabredet und nichts von dem, wie ich ihn mir vorgestellt habe, trifft zu. Kurz vor seinem Auftritt im ehrwürdigen Cafe Korb hat er mir ein paar Minuten seiner Zeit geschenkt und erzählt aus seiner Welt. Und ab der ersten Frage ist klar, Harri tickt anders…
Harri Stojka im Cafe Korb
Er sagt so Dinge wie: „Mei Beruhigungsdroge is mei Gitar und solange ich die hab und solange ich mich da weiterentwickeln kann, hat es für mich keine Bedeutung, ob ich in der Stadthalle spiel oder nicht.“ Und man merkt, dass er es ernst meint. Denn im Grunde geht es ihm nur um das Gitarrespielen an sich, in dem er Selbstverwirklichung findet, und dass er die Töne, die er im Kopf hat auch umsetzen kann. „Die Töne kommen einfach. Ich denk immer an Musik. Ich bin experimentierfreudig. Und da ergeben sich Kombinationen.“
Ist es schon Arbeit oder noch Vergnügen, Harri Stojka?
„Ich hab früher 12 Stunden geübt. Heute sind es zwischen Null und fünf Stunden.“ Nicht schlecht für einen 61jährigen, der in seiner Gesamterscheinung ein wenig wie ein Berufsjugendlicher aussieht.
Wenn man ihn fragt woher denn diese Power kommt, so weiß er auch nicht recht und meint, dass es wohl damit zusammenhängt, dass er 20 Kilo abgenommen hat.
Warum er es geschafft hat und andere nicht? Weiß er nicht. Und es ist ihm auch egal: „Das ist mir völlig wurscht. Fremde Leut.“ Das wirkt zwar etwas hart, fast schon wie ein Teil eines Schauspiels. Aber letztlich passt es perfekt in die Geschichte, in der die Musik an erster Stelle steht und in der es darum geht sich selbst als Musiker neu zu erfinden. Und somit werden Privatleben und Arbeit zu einem. Es sind nicht mehr zwei getrennte Bereiche, die man gegeneinander ausbalancieren muss. Sie sind untrennbar miteinander verbunden.
Warum machst du eigentlich Musik, frage ich Harri Stojka zum Schluss und bekomme als Antwort eine Gegenfrage: „Und warum fotografierst du?“ Tja, weil ich das tun will und nicht anders kann… Da sitzt er vor mir, stimmt auf seiner Gitarre eine kleine Melodie an und grinst.
„Natürlich verdiene ich auch mein Geld damit. Ich habe das Glück, dass ich davon leben kann. Vielen Leuten geht es nicht so. Die müssen ihre Hockn, die sie nicht lieben, machen, damit sie ihre Familie ernähren. Mir geht es nicht so. Ich hab mich gefunden und deshalb bin ich sehr zufrieden. Und ob ich mir einen Swimmingpool kaufe oder einen Rolls Roys … das brauch ich nicht… ich kann nicht eh nicht Autofahren.“