Würdest du dich als kreativ beschreiben, frage ich Paloma Schreiber, die es sich vor mir in einem alten Ledersessel gemütlich gemacht hat, und bekomme überraschender Weise erstmal eine längere Schweigepause als Antwort. Und dann folgt die zweite Überraschung, denn sie antwortet mit einem Nein.
Das ist ganz spannend, denn Paloma Schreiber malt und schreibt sehr viel und geht sogar für den oberflächlichen Betrachter als schwerst kreativ durch. Warum also sagt sie Nein!?
Arbeit & Kreativität
Paloma Schreiber wohnt und arbeitet eher ungewöhnlich. Mitten im 15. Bezirk führt sie an einem alten Industriegelände gemeinsam mit ihrem Freund die ansehnliche Crossfit Box „CROSSFIT ACE“. Etwas, das früher eine Montage- oder Produktionshalle gewesen sein muss, dient als Fitnessraum. Die früheren Büros im ersten Stock wurden zu einem weitläufigen Wohnraum umfunktioniert. Ein ganzer Haufen Bilder schmückt die Wände und gibt den eher spartanisch eingerichteten Räumlichkeiten die Möglichkeit zu wirken und etwas mehr über deren Bewohner zu erfahren.
Es ist nämlich so: inmitten dieser weitläufigen Freiheit hat sich eine gewisse Struktur breit gemacht, welche die Freiheit braucht um wirken zu können. Der eigene Trainingsplan und die Crossfit-Stunden geben den Rahmen vor. Und von den verbliebenen paar Stunden eines Tages wird der Großteil, so scheint es, der künstlerischen Arbeit gewidmet. Jeden Tag.
Um es anders anders auszudrücken: Paloma Schreiber arbeitet viel. Und es hält sie kaum lange an einem Ort ohne, dass sie dabei irgendetwas tut, irgendetwas erschafft.
Und genau da liegt der Schlüssel zur Kreativität, die Paloma zum Anfang unseres Gesprächs verneint hat. Sie empfindet sich nicht als kreativ weil sie schlicht jeden Tag aufsteht und mit ihrer Arbeit loslegt.
Ihre Ergebnisse sind jedoch kreativ, genauso wie ihre Art an „Probleme“ heran zu treten. Und diese Kreativität entfaltet sich nur deshalb, weil sie sich jeden Tag der Herausforderung stellt – weil sie jeden Tag tätig wird und nicht nur darüber sinniert was sie als nächstes tun könnte und welche Ideen sich noch anbieten würden, für ein Projekt, das sie irgendwann vielleicht starten könnte.
Sie macht einfach.
2 Quadratmeter Glück
Paloma Schreiber ist eine imposante Erscheinung. Top fit und athletisch ohne dabei ihre mädchenhafte Erscheinung einzubüßen. Von den Mühen der Gewichte, die sie stemmt, ist nichts zu sehen. Sie wirkt eher leichtfüßig. Nur die ausgeprägte Schulterpartie und die Arme verraten einem sofort, dass sie die eine oder andere Stunde in der Crossfit Halle verbracht hat.
Zum Ende unseres Fotoshootings wechseln wir genau dorthin. Sie führt mich in eine Ecke der großen Halle, in dem sich die Gewichtsscheiben stapeln und eine Stahlkonstruktion, auf der man Langhanteln ablegen oder auch Klimmzüge machen kann, den Rahmen vorgibt. Sie setzt sich auf den Boden strahlt mich an und meint, dies seien die zwei Quadratmeter, auf denen man sie oft antreffen kann. Und ich merke, da fühlt sie sich zuhause. Nicht, dass sie inmitten ihrer Papier- und Stiftesammlung ein Stock höher nicht glücklich gewirkt hätte. Hier ist sie einfach nur sehr entspannt.